Kinderturnen als Vorbereitung auf das Leben

Sozialkompetenz

Über das Lernen

Letzten Dienstag fand eine Turnstunde mit zehn Kindern zwischen zwei und vier Jahren und einem Baby statt. Manche Kinder kannten sich schon, andere waren neu. Die Mamis waren mit dabei.

Nach einem Begrüßungslied und freiem Tanzen, bei dem es kleine Bewegungsaufgaben gab, habe ich einen Kasten in die Mitte der Turnhalle gestellt. Daran waren Bänkchen zum Hoch- und Runterklettern oder Rutschen, eine weiche Treppe für die kleinen Kinder und Matten drumherum. Ein sehr einfacher Aufbau – einfach in der Struktur und einfach für die Kinder, um selbstständig auszuprobieren, was sie hier tun möchten.

Warum dieser Aufbau?

Warum habe ich diesen Aufbau für die erste Turnstunde gewählt?
Für mich als Turnlehrerin ist es wichtig, die Kinder zu beobachten: Wie bewegen sie sich? Was können sie schon? Das hilft mir, ein Programm zu gestalten, das für alle Kinder attraktiv ist.

Ein Altersunterschied von zwei Jahren macht einen enormen Unterschied in den Fähigkeiten, die ein Kind schon – oder eben noch nicht – erworben hat. Mit nur einem Aufbau kann ich alle Kinder gleichzeitig beobachten und ihre individuellen Entwicklungsstände erfassen.

Beobachten und voneinander lernen

Dabei passiert aber noch viel mehr – und das ist noch wichtiger und wertvoller. Nicht nur ich beobachte die Kinder, sondern auch die Kinder beobachten sich gegenseitig.

Dadurch, dass sie sich auf den Bänken und auf dem Kasten ganz nah begegnet sind, haben sie sich in die Augen geschaut, sich gegenseitig angefasst und sind sich auf engem Raum begegnet. Sie haben gelernt, Rücksicht aufeinander zu nehmen, Wege aneinander vorbei zu finden, ohne sich gegenseitig zu schubsen, und zu warten, bis der Weg für sie frei war. Und ganz nebenbei sind sie geklettert, balanciert, gerutscht, gesprungen – manche sind sogar gerannt.

Ganzheitliches Lernen

Dieser „einfache“ Aufbau hat ein Lernen auf allen Ebenen ermöglicht:

  • Motorisch: durch Klettern, Springen, Balancieren und Rutschen.

  • Sensorisch: durch das Erleben der Turngeräte und die Berührung der anderen Kinder.

  • Emotional: durch die Freude an der Bewegung und das Erfolgserlebnis, etwas zu schaffen.

  • Sozial: durch die enge Interaktion mit anderen Kindern.

Diese Kompetenzen wünsche ich mir für alle Kinder. Sie helfen ihnen, ihren Weg zu gehen – vom Kindergarten über die Schule bis hin zu einem selbstständigen Leben.

Sicherheit als Grundlage fürs Lernen

Die wichtigste Voraussetzung, um lernen zu können, ist Sicherheit. Wenn sich ein Kind nicht sicher fühlt (und das gilt für Menschen jeden Alters), ist das Gehirn im Schutz- oder Überlebensmodus. Das Nervensystem schaltet auf „Fight, Flight or Freeze“ – Kämpfen, Fliehen oder Erstarren. Der präfrontale Kortex, der für rationales Denken und die Ausführung von exekutiven Funktionen zuständig ist, wird dabei blockiert.

Selbstwirksamkeit in der Turnstunde

In meinen Turnstunden lernen die Kinder in einer sicheren Umgebung ihre Selbstwirksamkeit kennen. Sie lernen sich selbst besser kennen, können ihre Fähigkeiten entsprechend ihrem Entwicklungsstand entwickeln und üben, mit anderen Kindern zusammen zu sein.

Das Gehirn lernt in jedem Moment aus seinen Erfahrungen. Das Kind wird in anderen, neuen Situationen auf diese positiven Lernerfahrungen zurückgreifen können und darauf vertrauen, dass es auch die nächste neue Situation gut meistern wird.

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Lass den Traum vom glücklichen Elternsein nicht wie eine Seifenblase zerplatzen.

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Krabbeln – Positionswechsel – selbstständiges sitzen